Es geht westwärts
Hinter den Pyrenäen begegnet uns eine karge, steinige Landschaft. Die Tage sind verhangen und vom Regen geprägt. Mehrmals hätten wir links abbiegen und auf direktem Weg Richtung Marokko aufbrechen können. Einen Wunsch, den wir schon länger hegen, ist aber den Atlantik zu sehen. Irgendwie zieht es uns dahin und Nordspanien wird doch bestimmt auch seinen Reiz haben.
Begehrte Filmkulissen…
Unerwartet taucht in der Region Navarra eine Halbwüste auf. Die Bardenas Reales, welche von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt wurde, gibt Manny endlich mal wieder Sand unter die Füsse. Im kleinen Besucherzentrum wird uns auf Grund des Regens zwar abgeraten in das Reservat zu fahren, aber die Pisten sind keineswegs anspruchsvoll. Manny hinterlässt keine Sandstaubwolke, aber es droht auch nicht, dass er sich festfährt. Wir brauchen nicht mal 4×4 einzuschalten.
In der Halbwüste ragen bizarre, ockerfarbene Felsformationen auf. Es sind zerklüftete Gebilde aus Lehm und härteren Sandstein- und Kalksteinschichten, alles Sedimentschichten eines urzeitlichen Meeres. Wasser aus den Pyrenäen schnitt tiefe Furchen und Gräben in das Sediment, als das Meer verschwand. Deshalb stehen heute die meterhohen, steilen Wände und bergige Gebilde in der Halbwüste.
Diese eigenartige und beeindruckende Landschaft zieht diverse Filmcrews an. Wir begegnen einer französischen Truppe, die mit Pferden und alten Wagen in der Gegend unterwegs sind. Es scheint wohl demnächst einen neuen Westernfilm zu geben.
Aber auch Game of Thrones hat die Bardenas Reales als Kulisse benutzt. Gefüllt mit 1’000 dothrakischen Reitern eines Khalasars wird dieser Ort zum Dothrakischen Meer.
…und Felsenwohnungen
Am Rand der Halbwüste bei Arugedas haben Menschen, die sich kein Haus leisten konnten, Ende des 19. Jahrhunderts Wohnungen in den Felsen geschlagen. Heute sind die Wohnungen verlassen. Aufgrund des sozialen Wohnungsbaus in den späten 60er-Jahre sind die Menschen in die Städte gezogen. Wir übernachten unterhalb dieser Wohnungen, geniessen die Abenddämmerung, bevor es mal wieder heftig regnet.
Bilbao, eine willkommene Abwechslung
Wir sind noch gar nicht lange unterwegs und doch merken wir, wie uns das Stadtleben in Bilbao ausgesprochen gut gefällt. Vielleicht gerade deswegen, weil wir in Bilbao einfach eintauchen und sofort mittendrin im Leben der Basken sind. Zu Fuss erkunden wir die Stadt, schlemmen hie und da in einem der vielen Cafés leckere Pintxos (baskischen Tapas) und trinken einen Txakoli (hiesiger Weisswein). Am Abend ziehen wir durch die Bars und das Schlemmen der Pintxos geht weiter.
Der vielleicht einzige touristische Magnetpunkt in dieser Stadt ist das Guggenheim-Museum. Das titanverkleidete, futuristische Gebäude von Frank O. Gehry ist ein Augenschmaus. Während Tobi lieber weiter durch die Stadt schlendert, lässt sich Fränzi stundenlang im Museum von der Dauerausstellung «The Matter of Time» von Richard Serra und der Sonderausstellung «I’m Your Mirror» von Joana Vasconcelos begeistern.
Wir geniessen die Vorzüge einer Stadt und bleiben länger als erwartet. Irgendwie hat Bilbao es uns angetan. Wir können es nicht in Worte fassen, vielleicht ist es das Flair, vielleicht aber auch einfach, weil es uns unglaublich gut geht.
Ein beliebter Sonntagsausflug
Im Morgennebel fahren wir endlich Richtung Atlantik. Vom grossen Teich ist aber lange nichts zu sehen, denn der Nebel verdeckt die Sicht. Doch irgendetwas besonderes muss da ja wohl vor der Küste liegen. Der Parkplatz ist nämlich randvoll mit Autos. Wir wagen uns auszusteigen und zum ersten Aussichtspunkt zu spazieren. Der Nebel verzieht sich und die Felseninsel San Juan de Gaztelugatxe kommt zum Vorschein. Ein beeindruckender Ort, der aber auch Menschenmassen anzieht. Im Gänsemarsch geht es steil bergab. Sportlich aussehende Menschen kommen uns nach Luft hechelnd und schweissgebadet entgegen.
Eine Steinbrücke verbindet die Insel mit dem Festland. Zahlreiche Treppenstufen schlängeln sich anschliessend nach oben bis zur kleinen, pittoresken Kapelle San Juan de Gaztelugatxe. Oben angekommen zeigt sich eine herrliche Aussicht auf die eindrucksvolle Klippenlandschaft und den Atlantik.
«Wünsch dir etwas!» Vor dem Kapellenportal hängt das Glockenseil. Wer dreimal die Glocke läutet, hat einen Wunsch frei. Laut einer Legende soll er auch wirklich in Erfüllung gehen…
Diese Insel ist ein weiterer Drehort der Serie Game of Thrones, den wir besuchen. Die Macher haben diese geheimnisvolle und bezaubernde Landschaft der Felseninsel für die Festung Dragenstone gewählt. Zwar sehen wir keine riesige Festung und leider auch keine Drachen, wir können sie uns aber gut dazu vorstellen.
Ja, wir haben den Atlantik erreicht. An der Küste entlang geht es durch Kantabrien und Asturien bis nach Galicien. Fränzi liebt Strandstrassen und ist überglücklich, jedes Mal, wenn sie das Meer sieht. Tobi nimmt die vielen zusätzlichen Kilometer gerne in Kauf um Fränzi an die schönsten Plätze am Meer zu fahren. Aber davon mehr im nächsten Blog-Beitrag!