08.04. - 19.04.2014 | |
11 Nächte | |
1'736 km |
Karakalpakistan
Aufatmend erreichen wir Nukus in Usbekistan und freuen uns in diesem Land an jedem Tag ohne Zeitdruck ein kleines Abenteuer erleben zu können. Die erste Herausforderung ist an Geld zu kommen. Dazu gehen wir zum Baazar und tauschen auf dem Schwarzmarkt einige US-Dollar. Da haben wir rund 20% mehr usbekische Sum erhalten, als wenn wir das Geld zum offiziellen Wechselkurs bei der Bank getauscht hätten. Der Grund dafür ist die ziemlich grosse Inflation in diesem Land.
In Nukus lernen wir zwei Englischstudentinnen kennen. Während sie froh sind, sich mit jemandem auf Englisch unterhalten zu können, erfreuen wir uns über den Stadtrundgang und die Informationen zu Karakalpakistan. Die autonome Republik Karakalpakistan liegt im Nordwesten von Usbekistan und ist etwa viermal so gross wie die Schweiz. Sie beinhaltet neben ihrer Hauptstadt Nukus die trockene, flache Gegend bis zum Aralsee.
Während früher viele Fischer und Nomaden in dieser Gegend Zuhause waren, bleibt heute kilometerweise verlassene Einöde. Grund dafür ist der Aralsee, der bis in die 1950er Jahre rund 68‘000 Quadratkilometer gross war. Die Fischerei war einst die Lebensader Moynaqs, einer Stadt am südlichen Ende des Sees. Seit dem Befehl Stalins, in Zentralasien neue Baumwollfelder für die Textilindustrie der Sowjetunion anzubauen, wurden grosse Kanalsysteme für deren Bewässerung gebaut, welche mit enormen Mengen Wasser aus den beiden Hauptzuflüssen des Aralsees gespiesen werden. Die Folge von diesem Wasserentzug ist die wahrscheinlich grösste von Menschenhand gemachte Naturkatastrophe der Welt. Seit den 1960er Jahren ist der Aralsee massiv geschrumpft.
Die Fauna und Flora änderte sich und einstige Fischerstädte wie Moynaq liegen viele Kilometer entfernt vom heutigen Aralsee. Mit dem Verschwinden des Sees änderte sich auch das Klima. Lange kalte Winter und sehr heisse Sommer zeichnen sich im ausgetrockneten Seebecken ab. Der Anblick des heutigen Moynaq ist erschreckend traurig: verlassene Häuser, hauptsächlich ältere Menschen, verrostete Fischkutter und Muscheln mitten in der Wüste sowie Plakate mit Fischwerbung sind die einzigen Überbleibsel, welche an die Zeit um 1950 erinnern.
Die historischen Städte entlang der Seidenstrasse in Usbekistan
Wir fahren entlang der turkmenischen Grenze vorbei an Baumwollfeldern und blühenden Früchtebäume nach Khiva. Das historische Herz der Stadt ähnelt einem Museum, es erzählt eine unvergessliche Geschichte. Khiva war einst eine wichtige Stadt entlang der Seidenstrasse, später florierte hier der Sklavenhandel und heute ist Khiva ein Anziehungspunkt für Touristen. Die grosse Mauer rund um die Altstadt und deren prunkvolle Medressen gefallen uns sehr. Dieser Ort wird uns auch aus einem weiteren Grund in ganz besonderer Erinnerung bleiben. Durch Zufall treffen wir auf zwei langjährige Weltreisende. Ihre Erzählungen, Ideen, Hinweise und Erlebnisse waren sehr spannend. Es ist schön, auch mal zu Viert das Nachtessen zu geniessen und lange in die Nacht hinein plaudernd auf der Veranda zu sitzen. Wir hoffen fest, die Beiden auf ihren Motorrädern irgendwo mal wieder anzutreffen.
Mit Manny durchqueren wir die Kysylkum Wüste bis nach Buchara. Auf der Suche nach einem Hotel mit einem sicheren Parkplatz für Manny kurvt Tobi geschickt durch die engen Gässlein nahe der berühmten Altstadt. Vorwärts und rückwärts muss jeder Zentimeter präzise gefahren werden… Vielleicht fragen sich die einen, warum wir auf der Suche nach einem Hotel sind.
In Usbekistan müssen sich Reisende registrieren. Welche Regeln beim Registrieren gelten, weiss niemand so genau. Während die Hotelbesitzer, welche eine Registration ausstellen können, darauf beharren, dass man für jeden Tag eine Registration braucht, spalten sich die Aussagen bis hin zu der offiziellen Information, dass eine Registration nur notwendig ist, wenn man drei Tage am selben Ort verweilt. Wessen Aussage man hier schlussendlich glauben darf, werden wir wohl an der Grenze herausfinden. Wir entscheiden uns dafür, in den Städten eine Registration einzuholen und geniessen so in den Hotels die manchmal vorhandenen warmen Duschen und das servierte Frühstück.
Die Fussgängerzone von Buchara ist geschmückt mit vielen kleinen Läden. Während vor der Tür jemand freundlich und unaufdringlich die Seidenschals, das Porzellangeschirr, Messer, Postkarten oder Wunderlampen mit Dschinnis präsentiert, sind im Innern Leute mit dem Handwerk beschäftigt all dies herzustellen. Rund um das letzte gefüllte Wasserbecken weilen Touristen in den Cafés. Nicht weit davon strahlt die grosse Medressa in ihrer vollen Pracht. Nach zwei Tagen Stadt, Touristen und viel Platz im Hotelzimmer zieht es uns zurück in den Manny. Die erste Herausforderung ist es, Manny aus den engen Gässlein zu schlängeln. Einmal geübt, soll es beim zweiten Mal nicht schwieriger sein.
Doch unweit vom Hotel versperrt uns ein Baugerüst den Weg. Zu Fuss inspizieren wir andere Fahroptionen. Doch keine scheint zu klappen… Also fährt Manny munter in die Fussgängerzone von Buchara, sucht sich eine Parallelstrasse zu der Versperrten, zirkelt sich mit Zentimeterarbeit in dieses Gässlein und findet so den Weg zurück auf die Hauptstrasse.
Keine Stadt entlang der Seidenstrasse kennt man im Westen wohl so gut wie Samarkand. Es ist die glamouröse Stadt im Osten von Usbekistan nahe der tadschikischen Grenze. Majestätisch präsentiert sich im Zentrum Registanplatz mit den drei angrenzenden mit Mosaiksteinen überzogenen Medressen. Dieser gleicht momentan einer Baustelle, da die Ulugbek-Medressa renoviert wird.
Abschied vom Flachland, hinauf in die Berge
Manny braucht Diesel. Wie kommt man in einem Land, in welchem 80% der Fahrzeuge mit Propan- oder Methangas betrieben werden, zu Diesel? Wir sind zwar auf dem Weg quer durchs Land an einigen Tankstellen vorbeigekommen, die mit Diesel angeschrieben waren, aber die Säulen sind häufig leer. Während es in Usbekistan für jeden ganz normal ist sein Geld auf dem Schwarzmarkt zu tauschen, gibt es auch einen Schwarzmarkt für Diesel. Insbesondere in der ersten Jahreshälfte wird man schnell fündig und wir treffen auf diverse Qualitäten des Treibstoffs. Etwas ausserhalb von Samarkand lassen wir Liter um Liter vom Dieselfass in Kanister umfüllen und diese via Trichter in unsere beiden Tanks eingiessen. Bei 180 Liter kommt man da ganz schön ins Schwitzen…
Da die Grenze zu Tadschikistan etwas östlich von Samarkand geschlossen ist, fahren wir rund 260 Kilometer nordöstlich zum Grenzübergang Oybek. Von weitem sehen wir die ersten Hügel und Berge in Tadschikistan. Wir sind gespannt, wie unsere Reise in den höheren Gebieten weitergehen wird. Ob da wohl noch Schnee liegt?