19.04. - 14.05.2014 | |
25 Nächte | |
2'401 km |
Dushanbe und Umgebung
Kaum haben wir die Grenze nach Tadschikistan passiert, ist die weite, flache Wüste nur noch kurz im Rückspiegel sichtbar und wir kommen den Bergen immer näher. Nach dem Entdecken diverser historischer Städte in Usbekistan freuen wir uns insbesondere auf die Natur. Das Zerafshan Valley im Norden Tadschikistans ist für uns deshalb einen guten Ausgangsort für neue Abenteuer. Gemütlich explorieren wir das Tal. Tobi manövriert Manny präzise durch die engen Strassen in den kleinen Bergdörfer oder die kurz geschwungenen Kurven hügelauf und -abwärts. Lacht uns ein schönes Plätzchen an, richten wir unser Übernachtungslager ein und entspannen, lesen, wandern, waschen, diskutieren, kochen, geniessen – tun genau das, wonach jeder im Moment Lust hat.
Manny fährt uns zum ersten Mal über 2000 müM zum wunderschönen Bergsee Iskander-Kul. Im Sommer ist dieser See eine Feriendestination für die Bewohner der Hauptstadt Dushanbe. Wir begegnen aber am Südwestende des Sees drei Tage niemandem.
Als eines Morgens der Himmel mit Wolken bedeckt ist und ein starker Wind durchs Tal fegt, brechen wir auf Richtung Dushanbe. Der Weg dahin führt erst über eine weitere Bergkette. Trotz guter Strassen kommt Manny nur im Schneckentempo zu dem auf etwa 3000 müM liegenden, von Chinesen erbauten, gefährlichen Tunnel. Es sollte die spektakuläre alte Strasse über den Shakhristan und Anzob Pass aufbessern, aber auf der schlecht asphaltierten Strasse durch das fünf Kilometer lange Tunnel ist alles mögliche anzutreffen: Erd- und Steinhaufen inmitten der Fahrbahn, knietiefes Wasser, geparkte Autos, in den Raum hängende Kabel, Gegenverkehr aber natürlich kein Licht… Vor und nach dem Tunnel rieseln leichte Schneeflocken auf Mannys Dach und als wir Dushanbe erreichen, beginnt es heftig zu regnen.
Wir sind sehr froh, während des starken Regens in der Hauptstadt in einem Hostel zu wohnen. So können wir doch ab und zu ein paar Schritte gehen und werden nicht von Kopf bis Fuss nass bei einem kurzen Toilettenausflug. Unruhig vom Herumsitzen freuen wir uns nach den Regentagen auf die ersten Sonnenstrahlen und erkunden zu Fuss Dushanbe. Nach wochenlangem vegetarischem Essen freut sich Tobi darauf, in einem charmanten Restaurant ein Stück Fleisch zu verzerren. Durch Zufall treffen wir eine Schweizerin mit ihrem Sohn auf der Strasse an und werden direkt zum Nachtessen eingeladen. Wir spielen und unterhalten uns bis spät in die Nacht.
Auf dem Weg zum Pamir Gebirge
Von Dushanbe fahren wir südwärts, da der Sagirdasht Pass auf dem direkteren Weg zum Pamir Highway noch geschlossen ist. Dabei geht die Fahrt durch eine grasgrüne Hügellandschaft, vorbei an riesigen Schaf- und Ziegenherden, hunderten von Schildkröten bis hin zum tadschikisch-afghanischen Grenzfluss Pyanj. Während auf der tadschikischen Seite eine teilweise gut asphaltierte Strasse entlang der Bergfüsse und des Flusses führt, sind meist weniger als 100m entfernt auf der afghanischen Flussseite, die kleinen traditionellen Dörfer bloss mit einem Fusspfad verbunden. Fast schon unbemerkt gewinnen wir beim flussaufwärts Fahren Höhenmeter um Höhenmeter und kommen dem Pamir Gebirge immer näher.
Westpamir
In der westlichen Region des Pamir Gebirges befinden sich mehrere tiefe, enge Täler und unzählige hohe Bergspitzen, während die östliche Region aus einem Hochplateau besteht. Allgemein sind aber die meisten Teile des Pamirs zu hoch, um von Menschen bewohnt zu sein. Die jahrelange Isolation der Menschen im Pamir Gebirge führte zu einer eigenen Sprache und unzähligen Dialekten in den verschiedenen Tälern. Sie pflegen den ismaelischen Glauben und verehren deren spirituellen Führer Aga Khan. Legendär ist die Warmherzigkeit und Freundlichkeit der Pamiri.
Der Pamir Highway, offiziell als M41 bekannt, ist eine Fernstrasse quer durch das Pamir Gebirge und führt von Dushanbe in Tadschikistan nach Osh in Kirgistan. Es ist die einzige durchgängige Route durch das schwierige Terrain der Berge und dient als Hauptversorgungsachse durch Gorno-Badakhshans, einer autonomen Region in Tadschikistan. Die einst in der sowjetischen Zeit vollständig asphaltierte Strasse wurde in den letzten 60 Jahren dem eigenständigen Zerfall überlassen. Felsstürze, Erdrutsche und tonnenschwere chinesische Lastwagen haben die Strasse beschädigt und erschweren die Fahrt. Eine besondere Herausforderung ist der letzte Abschnitt. Wir befinden uns auf einer durchschnittlichen Höhe von über 3000 müM und Manny muss drei Pässe über 4000 müM meistern.
Wir kurven mit Manny das wilde, steinige und enge Bartang Tal hinauf. Plötzlich klingt Manny wie ein Traktor, na gut, so klingt er ja eigentlich immer. Dann sagen wir mal er heult und schwarzer Qualm steigt neben der Beifahrertüre auf. Klarer Fall: das Auspuffrohr ist gebrochen! In einem kleinen Bergdörflein suchen wir jemanden der schweissen kann. Zwei Herren machen sich ans Werk und nach gut zwei Stunden ist Manny wieder fit… gerademal für 80 km. Heulend erreicht Manny Khorog. Da muss einen „Master“, wie das die Pamiri nennen, her.
Khorog, eine kleine Stadt in den Bergen nahe der Grenze zu Afghanistan, hat sofort unsere Herzen gewonnen. In der Pamir Lodge finden wir einen gemütlichen Garten um uns einige Tage niederzulassen. Da treffen wir auf verschiedene Reisende, reparieren Mannys Auspuff und haben Zeit zum Entspannen.
Obwohl die kleine Stadt sehr toll ist, zieht es uns nach einigen Tagen wieder in die Natur. Das regnerische Wetter erschwert die Planung von Wanderungen. Wir fahren mit Manny ins Shokh Dara Tal und wollen zu Fuss zum Drumul-Kul See wandern. Doch Manny schafft die starke Steigung in diese Richtung nicht. So bleiben wir mit ihm entlang des Flusses und entdecken das Tal. Von weitem können wir einen Blick auf Karl Marx und Engels, zwei 6000er Gipfel, werfen. Zwischen Murmeltieren, Schafherden und Yaks geniessen wir die fabelhafte Aussicht.
Jeden Samstag findet in Ishkashim auf einer Insel im Grenzfluss zwischen Tadschikistan und Afghanistan der traditionelle afghanische Markt statt. Diesen möchten wir gerne besuchen und machen uns deshalb rechtzeitig auf den Weg aus dem Shokh Dara Tal und biegen ins breite Wakhan Tal ab. Erneut fahren wir an der Grenze entlang und können einen Blick auf Afghanistan werfen. Auf dem Markt in Ishkashim können wir ein wenig afghanische Luft schnappen und es ist spannend die beiden Kulturen zu sehen. Anhand der Kleidung ist schnell sichtbar, welcher Händler aus welchem Land stammt. Schlussendlich ist der Markt nicht ganz so traditionell wie erwartet, auch hier ist der chinesische Einfluss bereits spürbar.
Auf dem Markt treffen wir auf bereits bekannte französische Freunde. Wir räumen unser Wohnzimmer im Manny auf und nehmen die beiden Reisenden mit entlang des Wakhan Tals. Zu viert versuchen wir in Darshai einen Esel zu kaufen, damit das französische Paar mit ihm eine grössere Wanderung unternehmen kann. Obwohl es unzählige Esel in dieser Region gibt, möchte niemand sein Hab und Gut verkaufen. So geht die Fahrt mit Manny zu viert weiter entlang des Grenzflusses. Unterwegs können wir einen Blick auf den majestätischen Hindukusch werfen.
Ostpamir
Nach Langar heisst es mit Manny auf die Hochebene zu klettern. Wir nehmen das französische Paar noch ein Stück weiter. Aber in Manny hat ja noch eine weitere Person mit grossem Rucksack Platz. Also nehmen wir eine Frau aus Estland ebenfalls mit. Das zusätzliche Gewicht ist für Manny sichtlich spürbar. Ab und zu bleibt allen Mitreisenden nichts anderes übrig aus auszusteigen und einige Höhenmeter zu Fuss zu unternehmen. Wenn Tobi mit Manny die Steigung erreicht hat, können wir alle wieder einsteigen. Über den ersten 4000er Pass finden wir zum Glück ein weiteres Fahrzeug und teilen unsere Mitfahrer auf, bis wir den Pass gemeistert haben.
Zurück auf dem guten, asphaltierten Pamir Highway fahren wir bei starkem Wind nach Bulunkul. Kaum angekommen, hat Manny die dritte Bruchstelle seines Auspuffs. Eine kleine Buschreparatur soll uns helfen, damit wir die Bruchstelle irgendwo schweissen lassen können. Wir entscheiden uns einen kleinen Abstecher auf der Überlandstrasse entlang von Seen zu machen und in Alichur uns von unseren Mitreisenden zu trennen. Auf einer kniffligen Fahrt sehen wir eine bezaubernde Naturvielfalt.
Langsam geht es ab und zu mal durch den Sumpf. Plötzlich ist der Boden aber zu weich und wir fahren uns fest und bleiben stecken. Schaufeln, anheben, ausgraben, stossen, ziehen, alles hilft nichts. Wir brauchen ein Fahrzeug, das uns aus dem Schlamm zieht. Unweit von uns ist ein tadschikisches Fahrzeug ebenfalls eingesunken. Nach unserer Hilfe sind sie bereit uns aus dem Schlamm zu ziehen. Nach diesem kleinen Abenteuer erreichen wir Alichur bei Dämmerung und geniessen mit unseren Freunden das letzte Nachtessen, bevor sich unsere Wege trennen werden.
Vom Schnee überrascht, kämpfen wir uns mit Manny durch den nächsten tristen Tag. Der höchste Pass steht vor uns. Rund 50m vor dem Gipfel braucht Manny eine Verschnaufpause. Auf der matschigen Strasse schafft er schlussendlich im Schneckentempo die letzten Meter. Dennoch ist er schneller am Ziel als ich. Rennen auf 4655 müM ist nämlich gar nicht so einfach…
Entlang des chinesischen Grenzzauns gilt es bis zur kirgisischen Grenze noch einige Hügel zu überwinden. Am gefrorenen See bei Kara-Kul verbringen wir die letzte Nacht, bevor wir uns in ein neues Land aufmachen.