Die Pyrenäen von Ost nach West durchqueren
Nachdem wir am Mittelmeer fast an der spanischen Grenze angekommen sind, möchten wir in die Berge und die Pyrenäen bis zum Atlantik durchqueren.
Das Abenteuer durch die berauschende Bergwelt ist geprägt von einem ständigen Auf und Ab – eine wahre Achterbahn. Sei es bei den siebzehn kurvenreichen Passfahrten zwischen rund 300 bis über 2’400 Meter Höhe, bei denen Manny Höhenmeter um Höhenmeter klettert, oder der Motor abkühlt beim Hinuntersausen. Oder sei es das Auf und Ab bei den Temperaturen und dem Wetter, welches zwischen herbstlich und winterlich hin- und herpendelt.
Bunte Wälder, Regentage, schleichender Morgennebel über Stauseen, Eiszapfen an Felswänden und den ersten Schnee erleben wir in den kommenden Tagen.
Ein Zick-Zack durch Frankreich und Spanien…
Wir biegen rechts ab, verlassen das Mittelmeer in Frankreich und schlängeln uns auf einer schmalen Strasse den ersten Hügel hinauf. Erst ganz gemächlich, vorbei an Weinbaugebieten, Kakteen und Palmen. Aber auf den letzten Meter vor der Passhöhe kommt Manny beinahe ins Keuchen. Auf dem Pass angekommen schmunzeln wir über das Schild: «Col de Banyul 355 müM». Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, dass noch sechzehn weitere Pässe folgen werden, die im Schweizer Verständnis nicht nur kleine Hügel sind…
Wir sind total erfreut und spazieren auf der «Passhöhe» feierlich das erste Mal von Frankreich nach Spanien. Dass sich dies in den nächsten Stunden und Tagen noch mehrmals wiederholt, ist uns noch nicht wirklich bewusst. So überqueren wir auf einigen Pässen die Grenze zwischen Frankreich und Spanien oder Spanien und Frankreich.
Friedliche Bergdörfer schmiegen sich an bewaldete Hügel und Hänge. Teilweise scheint es, als sei darin die Zeit stehengeblieben. Viele der Bergdörfer haben ihre eigene, mittelalterliche Kirche. Diese sind trotz ihren bis zu 900 Jahren meistens noch in sehr gutem Zustand.
Guten Mutes steuern wir auf das erste Dörfchen zu. Schnell merken wir aber, dass die Gassen eng sind und die Balkone weit in die Strassen hinausragen. Wir lernen, dass es Manny trotz millimetergenauem Fahren, nicht durch jedes Dörfchen schafft. Auf dem Punkt zu wenden hat er noch nicht gelernt…
… mit einem kurzen Abstecher nach Andorra.
Über einen hohen Pass gelangen wir in den kleinen Pyrenäenstaat Andorra. Über dieses Land wissen wir so gut wie nichts. Deshalb sind wir leicht verwundert, dass auf dem Berg riesige Shoppingzentren und mehrere Tankstellen stehen. Wir erklimmen die Höhenmeter bis auf die Passhöhe. Dieses Mal verdient der Pass seinen Namen, denn wir steigen auf 2081 müM. Dort oben schweift unser Blick über zahlreiche Skigebiete und Bergspitzen.
Steil führt die Strasse durch das Tal hinab und offenbart nur wenig von seiner Schönheit. Es ist ziemlich zugepflastert; unzählige Supermärkte, Tankstellen, Hotels und Sportgeschäfte reihen sich entlang der Strasse auf. Andorra lockt Franzosen und Spanier an, um zollfrei einzukaufen. Auch wir nutzen die Gelegenheit und füllen unsere Tanks. Bei unserem Dieselvolumen macht eine Ersparnis von bis zu 50 Eurocent pro Liter echt etwas aus!
Uns fehlt der Charme in diesem Land und so sind wir schnell wieder über der Grenze in Spanien.
Manny auf einsamen Pfaden
Vielerorts ist die gesamte Landschaft in die Farben des Herbstes eingetaucht. Mit einer Portion Sonne leuchten die Laubwälder kräftig. Wir suchen uns abseits der grossen Strassen kleinere Wege um richtig in die Bergwelt einzutauchen. So geht es vorbei an rauen Felswänden, durch Schluchten, über Alpwiesen und durch Wälder. Nicht immer führt der Weg uns an das gewünschte Ziel. Eine durch einen Murgang weggeschwemmte Brücke lässt uns zum Beispiel wieder umdrehen und die knapp 20 km zurück zur Abzweigung zu fahren. Das ist nicht schlimm, denn wie sagt man so schön: «Der Weg ist das Ziel.»
Andere Pfade sind steil, eng und ähneln eher einem steinigen Wanderweg als einer für Autos gedachte Strasse. Aber Manny ist ja eben kein Auto, sondern ein Land Cruiser. Tobi beweist präzises Fahrgeschick bei dem holprigen Auf und Ab, um irgendwann jeweils wieder auf einer Asphaltstrasse anzukommen.
Das Wetter schlägt um
Auf einer Herbstwanderung in Frankreich nahe der spanischen Grenze besuchen wir den imposanten Felsenkessel «Cirque de Gavernie». Die fast senkrechte Felswand ragt bis zu 1’500 Meter hoch über den Talkessel. Aus der Wand kommt ein von einem unterirdischen Gletschersee gespiesener Bach, der einer der höchsten Wasserfälle Europas bildet. Momentan ähnelt er aber eher einem Rinnsal.
Nebel zieht das Tal hinauf und hüllt die Umgebung in graue Watte. Es kommt der Kälteeinbruch, denn in der Nacht soll es in dieser Höhe schneien. Wir haben uns deshalb für einen Übernachtungsplatz in einem tiefer liegenden Gebiet entschieden. Ob das wohl reichen wird?
Kommt jetzt der erste Schnee?
Beim Einschlafen plätschert Regen auf unser Dach, beim Aufwachen immer noch. Dieses eine Mal ist das ein gutes Zeichen, bei uns hat es also nicht geschneit. Die umliegenden Berggipfel haben sich für den heutigen Tag jedoch auf das Tragen von Weiss geeinigt.
Wie sieht das Wetter wohl auf der Südseite der Pyrenäen, in Spanien, aus? Vorerst ein bisschen besser, also nichts wie hin!
Die ersten Pässe sind bereits wegen Schneefall gesperrt und wir müssen verschiedene Umwege ausprobieren, um nach Spanien zu gelangen.
Aragón, das ehemalige Königreich von Aragonien
Wir steuern auf die am Südrand der Pyrenäen liegende Stadt Jaca zu. Sie liegt in der autonomen Gemeinschaft Aragón, einer Region von Spanien. Ab da bewegen wir uns ein Stück auf dem aragonesischen Jakobsweg.
Der «Camino de Santiago», so wird der Jakobsweg hier genannt, führt zum Beispiel zum alten Benediktinerkloster «San Juan de la Peña». Dieses liegt spektakulär unter einem Felsvorsprung, der bei grossen Teilen als Dach dient. Alte Schriften beschreiben, dass im frühen Mittelalter der Heilige Gral der Tempelritter dort versteckt worden sei. Wir wissen nicht, ob das stimmt. Heute können wir ihn nirgends finden…
Wir warten auf schönes Wetter
Mit kleinen Schritten fahren wir entlang des Flusses Aragón und in die umliegenden Täler. In dieser Gegend gibt es viele Flecken unberührte Natur und es ist herrlich zu spazieren oder zu wandern. Mittlerweile haben wir uns an die ständige Begleiterin, die Regenjacke, gewöhnt und abermals erleben wir eine kalte Nacht. Das Hausen im Manny ist momentan am angenehmsten, wenn wir uns ganz fest in den Schlafsack einmummeln.
Während Tobi vermehrt mit dem Süden liebäugelt, möchte Fränzi unbedingt auf besseres Wetter warten, um im Ordesa Nationalpark zu wandern. Eine ganze Woche muss auf einen niederschlagsfreien Tag gewartet werden. Umso mehr Freude bereiten die kurzen, trockenen Momente. Dann, wenn sich der Nebel am Morgen über dem Stausee auflöst und uns ein sonniges Frühstück schenkt oder wenn wir durch die Gassen der Altstadt von Aínsa flanieren können. Aber auch dann, wenn wir mit Manny durch ein imposantes Tal kurven, verlassenen Geisterdörfern begegnen oder wir draussen ein warmes Nachtessen kochen können.
Der niederschlagsfreie Samstag
Eine Woche haben wir auf diesen Samstag gewartet, um im Ordesa Nationalpark zu wandern. Eigentlich sollte es nicht nur eine Wanderung sein, doch bereits in tieferen Gebieten pendelt das Thermometer in der Nacht um den Nullpunkt. Gut gerüstet geniessen wir eine einfache Wanderung zum «Circo de Soaso». Während wir zu Beginn am Fluss entlang durch bunte, herbstliche Wälder laufen, stehen wir oberhalb der Baumgrenze in gut 10 cm tiefem Schnee. Ein eisiger Wind fegt uns um die Ohren und der Felsenkessel «Circo de Soaso» liegt meist im Nebel. Es ist trotzdem schön, den ersten Schnee hier zu erleben. Sicherheitshalber nehmen wir den selben Weg zurück. Mit so viel Schnee haben wir nämlich nicht gerechnet.
Für uns sind die Pyrenäen unfassbar vielfältig, wunderbar friedlich, ein ständiges Auf und Ab, Natur pur.
Jetzt verabschieden wir uns aber Richtung spanische Atlantikküste. Also in den Nord-Westen von Spanien. Wie lange Tobi wohl noch auf den Süden warten muss?
Salü zäme
Fantastisch, was wir da aus der Ferne geliefert bekommen. Einfach toll.
Spannend beschrieben, top die grandiosen Bilder. Herzlichen Dank.
Wir freuen uns, das grosse Reiseabenteuer auf diese Art miterleben zu können. Wir wünschen euch weiterhin wenig Unangenehmes (braucht es einiges, ihr seid sehr erfinderisch im Lösungen finden).
Liebe weihnächtliche Grüsse von uns beiden
Ursula und Walter
Liebe Ursi, lieber Walti.
Vielen Dank für euer Lob! Schön, dass euch die Berichte gefallen. Unangenehmes vielleicht, aber Unerwartetes wird es bestimmt wieder geben. Darauf freuen wir uns, denn wir wollen nicht, dass es uns noch langweilig wird… 😉
Liebe Grüsse von uns zwei aus Marokko.
hallo Ihr Zwei,
das sind traumhaft schöne Fotos, tolle Landschaften. Schon sehr eindrucksvoll und ein wenig beneidenswert !:-))) Ich wünsche Euch weiterhin gute Fahrt und viele schöne Erlebnisse. Freue mich auf die nächsten Berichte. GLG Christl
Hallo Christl,
danke für dein Lob! Schön, dass du die Berichte liest. Es war wirklich schön in den Pyrenäen, jetzt sind wir allerdings ganz im Süden Portugals. Hier ist es aber nicht weniger schön. 🙂
Liebe Grüsse von uns aus der Algarve.